Bestimmte Nahrungsmittel sind häufig für Unverträglichkeitsreaktionen
verantwortlich, wir bezeichnen sie deshalb als Hauptstörfaktoren, obwohl sie im
Einzelfall nicht unbedingt alle problematisch sein müssen
Milcheiweisse gehören zu den häufigsten Nahrungsmittelallergenen im
Kindes-, aber auch im Erwachsenenalter für die Auslösung der klassischen
Allergien[1]
und unserer Erfahrung nach auch für Verhaltensauffälligkeiten.
Die Verwendung von Tiermilch in der Ernährung über das Kleinkindalter
hinaus ist eine evolutionstechnisch relativ neue Erfindung, denn erst seit der
Sesshaftigkeit und Züchtung von Haustieren überhaupt denkbar. Zum Abbau der
völlig fremden Kuhmilcheiweisse braucht es einen gut funktionierenden
Verdauungsapparat. Weil der kindliche Organismus aber mit Kuhmilchproteinen
meist zu einem Zeitpunkt konfrontiert wird, da seine Verdauungsfunktion noch
erniedrigt ist (Fehlen der Enzyme in den ersten Lebensmonaten) und die normale
Durchlässigkeit des Darmes (=physiologische Darmpermeabilität für
Makromoleküle) besonders hoch ist[2],
können Antigene aus dem Darm ins Körperinnere treten und die Grundlage für die
Kuhmilch-Unverträglichkeit bilden.
Neben Verhaltensauffälligkeiten und klassischen Allergien bildet die
nicht vertragene Kuhmilch, und das somit überlastete Immunsystem, offenbar auch
die Grundlage für wiederholte Infektionen im Säuglings- und Kleinkindalter.
Studien: Wenn während den ersten 13
Wochen gestillt wird, erkrankt der Säugling signifikant seltener an
Magendarm-Krankheiten, respiratorischen Infektionen während und nach den
Stillmonaten[3] sowie zeigen
sich weniger Symptome bei atopisch belasteten Kindern.
Wissenschaftliche Studien über den Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum
und Aufmerksamkeits-Leistung bleiben widersprüchlich [4]
[5].
Obwohl in den meisten wissenschaftlichen Studien Zucker nicht als Verursacher
von Verhaltensauffälligkeiten angesehen wird[6],
zeigte sich sowohl bei Egger et al.[7]
als auch nach unserer Erfahrung, dass Fabrikzucker (jede konzentrierte
Zuckerform, von weissem Zucker über Honig und Fructose bis Birnendicksaft) Fehlverhalten
auszulösen vermag.
Erklärungen dafür sind der Mangel an Sekundärstoffen in verarbeiteten
Zuckerprodukten (vgl. „Konsequenzen für eine optimale Ernährung“ im folgenden
Abschnitt), so dass mindestens das Vitamin Thiamin (Vit. B1) für den Zuckerabbau
verbraucht[8],
aber nicht ersetzt wird, und die Überforderung des Stoffwechsels bei
konzentriertem Anfall von Einfach-Zuckern mit starken Blutzuckerschwankungen
(vgl. Abschnitt „Hypothesen der Beeinflussung der Gehirnfunktion durch die
Nahrung“).
Lebensmittelzusatzstoffe werden den Fertigprodukten in ständig
steigender Zahl zugesetzt. Obwohl ihre Unbedenklichkeit für Körperschädigungen
durch das Lebensmittelgesetz vorgegeben ist, wurde weder die Kombination der
ständig wachsenden Zahl dieser Fremdstoffe untersucht, noch die Wirkung auf
empfindlichere Individuen mit möglicherweise eingeschränkter Entgiftungs- und
Pufferkapazität.
Im Zusammenhang mit der Diäthypothese Feingolds, dass
Lebensmittelzusatzstoffe Verhaltensauffälligkeiten provozieren können, wurde
zwar diese Hypothese („Zusatzstoffe als alleiniger Auslöser“) in verschiedenen
Studien widerlegt, aber die verhaltens-verschlechternde Wirkung von
Zusatzstoffen bei gewissen Kindern bestätigte sich im Rahmen von
Auslassdiät-Studien im Sinne der oligoantigenen Diät[9]
und in Einzelberichten von Eltern.
Ein Problem bei den nicht-signifikanten Studien mag teilweise auch der
Umstand gewesen sein, dass das Placebo zwar frei von Zusatzstoffen gewesen war,
aber ein anderes unverträgliches Nahrungsmittel (z.B. Milchpulver oder
Schokolade) enthalten hatte, was dann die Auswirkung des Zusatzstoffes
verwischt hatte.
Der Weizen wird sehr oft schlecht vertragen, was wohl auf fünf Ursachen
zurückgeführt werden muss:
Auch Hühnerei, Kakao und Sojaprodukte sind häufige echte
Nahrungsmittel-“Allergene“; und führen bei empfindlichen Menschen zu einer
Verhaltensverschlechterung, v.a. wenn sie in grösseren Mengen zugeführt werden.
Hülsenfrüchte sind an sich schwer verdaulich und stören durch den
gestörten Verdauungsvorgang das Wohlbefinden (und damit die Hirnfunktion).
Anfangs der 80-er Jahre machten das Beschwerdebild des „Candida
hypersensitivity Syndroms“ Schlagzeilen, indem behauptet wurde, gewisse
unspezifische Symptome *** seien Folge eines durch die Besiedelung des
Magendarmtraktes mit C. albicans geschwächten Immunsystems und von
Gärungsprozessen im Darm. Durch Ernährung ohne chemisch raffinierte Zucker
sowie eine Therapie mit Antimykotika seien diese Beschwerden zu heilen.
Obwohl die Theorie, dass hoher Zuckerkonsum die Häufigkeit von C.
albicans-Nachweis im Gastrointestinaltrakt beeinflusst, weder in Humanversuchen
direkt, noch in kontrollierten Studien zum Therapieeffekt von Antimykotika auf
die „C. albicans-assoziierten Beschwerden“ bestätigt werden konnte[10],
empfehlen wir die Reduktion von Hefeprodukten (Brot, Gebäck, Fertigsuppen,
Würzpasten), um eine allfällige, z.B. auch allergisch bedingte (allergische
Reaktion auf Pilze wie z.B. auf Pilzsporen beim ganzjährigen „Heuschnupfen“)
Beeinträchtigungen des Stoffwechsels zu vermeiden.
***Candida hypersensitivity syndrom“: Müdigkeit,
Kopfschmerzen, Angst und Stimmungsschwankungen, schlechtes Gedächtnis, Juckreiz
und Brennen, kalte Hände und Füsse, Muskel- und Gelenkschmerzen,
Schwächegefühl, trockener Mund,
Blähungen und Sodbrennen, Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung, sowie
Missempfindungen in der Vagina, Menstruationsunregelmässigkeiten, Impotenz,
Prostatitis und übermässiger Harndrang
[1] B. Wüthrich, P. Schmid-Grendelmeier, Nahrungsmittelallergien; Internist 1995 (36): 1052-62
[2]J. Ring; Nahrungsmittelunverträglichkeiten und andere nahrungsmittel-bedingte Unverträglichkeitsreaktionen; Akt.Ernähr.14(1989)49-56
[3]Protective effect of breast feeding
against infection; Howie-PW, Forsyth-JS,Ogston-SA,...; BMJ 1990 Jan 6
;300(6716):11-6
[4]Sugar and its effects on behavior
and mood; S. 81-91,Prinz 1980; Food and violence, S. 108/9 115/117&118;
C.K. Conners; Feeding the Brain, New York, 1989, Plenum Press
[5]Da Gans; Sucrose and delinquent
behavior...;Crit-Rev-Food-Sci-Nutr. 1991, 30 ( 1): 23-48
[6] Ferguson H.B., Recent developments
in diet therapy. In: Simeon J.G, Ferguson H.B. (eds.): Treatment strategies in
child an adolescence psychiatry. Plenum Press, New York, 151-167
[7] J. Egger; Das hyperkinetische Syndrom; Ernährungs-Umschau 34, 1987: 555-557
[8] P. Stehl. Süsswaren und Mikronährstoffen. In: Süsswaren in der modernen Ernährung- Ernährungsmedizinische Betrachtungen, R. Kluthe, H. Kasper (Hrsg.), 1999, Thieme Verlag: 21-27
[9] M. Boris, F.S. Mandel, Foods and additives are common causes of the attention deficit hyperactive disorder in children. Ann. Allergy 1994; 72 (5): 462-8
[10] H. Kasper. Candida albicans-assoziierte Beschwerden und Zuckerverzehr. In: Süsswaren in der modernen Ernährung- Ernährungsmedizinische Betrachtungen, R. Kluthe, H. Kasper (Hrsg.), 1999, Thieme Verlag: 50-54