Die Nahrung "betritt" unseren Körper über den Darm
und dort werden bereits erste Informationen über Menge, Zusammensetzung und
Verträglichkeit der Nahrung erfasst und dem übrigen Körper weitergeleitet; dies
geschieht via Immun-, Hormon- und Nervensystem, und zwar auch in die oberste
"Schaltzentrale" des Körpers, das Gehirn.
Andererseits braucht das Gehirn zur Erfüllung seiner
geistigen Funktion Nährstoffe und biochemische Ausgangsprodukte in geeigneter
Menge und Zusammensetzung.
In diesem Sinne ist es gut verständlich, dass
Nahrungsaufnahme, Stoffwechsel und Gehirntätigkeit nicht als unabhängige
Systeme verstanden werden können, sondern sich dauernd gegenseitig
beeinflussen; bekannte Bespiele dafür sind die Schläfrigkeit nach einer
Hauptmahlzeit und das flaue Gefühl im Bauch / Durchfall bei emotionalem
"Stress" wie Prüfungen oder Verliebtheit. Bei empfindlichen
Individuen (mit weniger Kompensationsmöglichkeiten des Stoffwechsels) wirkt sich
die Beeinflussung des Gehirns nicht nur in Ausnahmesituationen, sondern
praktisch dauernd aus.
Zur Illustration des Genannten, folgt hier ein Exkurs in die
anatomische und physiologische Welt des Verdauungstraktes.
Das
Nervensystem des Magen-Darmtrakts besteht aus dem intrinsischen Teil,
anatomisch lokalisierbar in den Plexus myentericus und Plexus submucosus in der
Wand der Hohlorgane, und dem extrinsischen Teil, d.h. dem autonomen
Nervensystem. Insgesamt sind das über 100 Millionen Nervenzellen, was etwa der
Menge Neuronen des Rückenmarks entspricht. Berechtigterweise kann man von einem
"Bauchgehirn" sprechen, das dank seinen zahlreichen "zuführenden"
(=afferenten) Verbindungen zum Zentralnervensystem durchaus mit dem
"Kopfgehirn" zu kommunizieren und nicht nur zu
"auszuführen" vermag.
Die
Regulation der komplizierten Verdauungsvorgänge (mit geordneter Bewegung bzw.
Peristaltik, dosierter Freisetzung von Verdauungsenzymen und dem Abtransport
der aufgenommenen Nährstoffe) erfolgt durch die Freisetzung von
"Nerven-Botenstoffen" (=Neurotransmittern) oder von
"Gewebshormonen" (=Zytokinen) direkt an Nerven-Synapsen, ins
umliegende Geweben (=parakrin) oder in die Blutbahn als Hormone. Häufig setzen
einzelne Nervenzellen mehrere verschiedene Substanzen frei: Primäre
Transmitter, die in funktionell gleichen Neuronen im ganzen Magendarmtrakt
relativ konstant vorkommen, und subsidiäre, die je nach Lokalisation wechseln[1].
Interessanterweise
sind diese Transmittersubstanzen häufig die gleichen chemischen Stoffe, die als
Neurotransmitter im Gehirn bekannt sind.
Tabelle: Beispiele gemeinsamer Botenstoffe
(=Transmittersubstanzen) in Gehirn und Magendarmtrakt[2].
____________________________________________________________________________________________
|
Gehirn |
Darm |
gemeinsame NT |
|
|
____________________________________________________________________________________________
Noradrenalin |
* |
extrinsische
Inhibition der Intestinal-Motilität (ev.
durch Inhibition der Ach-Freisetzung) |
Acetylcholin |
* |
primär
exzitatorisch für Muskeln, an intestinalem Epithel, Parietalzellen, einigen
endokrinen Zellen, neuroneuronalen Synapsen |
Glutamat,
Aspartat |
Stimulation |
Stimulation
glatter Muskulatur[3] |
GABA |
Inhibition |
Inhibition
der Kontraktion, Stimulation
glatter Muskeln |
Serotonin |
* |
Peristaltik |
Histamin |
Stammhirn |
Sekretion,
Magensäureproduktion |
Dopamin |
* |
* |
Somatostatin |
Hypothalamus |
Hemmung
gastrointest. Hormone; Motilitätshemmung |
Opioide
Peptide (Enkephalin, Dynorphin, Endorphin) |
Glücksgefühl,
Schmerzhemmung |
Hemmung
der Kontraktion der glatten Muskulatur Sekretion
durch Dynorphin |
____________________________________________________________________________________________
Diese
Übereinstimmung erklärt die Nebenwirkungen von Psychopharmaka im Magendarmtrakt
(Durchfall, Übelkeit etc.) und auch die Beeinflussbarkeit beider Nervensysteme
durch Neurotransmitter-ähnliche Substanzen aus der Nahrung (z.B. Exorphine;
vgl. unten).
Somit
besteht neben der Verbindung via Nervenzellen auch eine "hormonelle"
Möglichkeit der wechselseitigen direkten Beeinflussung von Gehirn und
Magendarmtrakt. Glücklicherweise wird normalerweise die aus dem Verdauungstrakt
ins Gehirn gelangende Information der normalen Darmtätigkeit nicht bewusst
wahrgenommen (im Gegensatz zum Colon irritabile-Kranken, der jedes Bauchkollern
als unangenehm bis schmerzhaft empfindet), jedoch wird durch diese unbewusste
dauernde Informationszufuhr die Erzeugung von Stimmungen und damit die
Ermöglichung von "Bauchentscheiden" diskutiert.
Aufgrund
der grossen Oberfläche (ca. 200 m2)des Darmes zur
"Aussenwelt" (in diesem Fall der Darminnenraum) nimmt die Immunabwehr
auch anatomisch einen sehr grossen Raum ein: ca. 25% der Schleimhaut besteht
aus Immunzellen, was insgesamt etwa der Menge der Milz entspricht, einem
4x7x11cm grossen Organ.
Grundsätzlich besteht zwischen Immun- und
Zentralnervensystem ein intensiver Kontakt; mit entsprechender gegenseitiger
Beeinflussbarkeit. Beispielsweise gelingt es bei Ratten in
Konditionierungsversuchen (intracerebro-ventrikuläre Antigengabe plus neutrale
Stimuli) erfolgreich, durch die neutralen Stimuli alleine eine allergische
Antwort auszulösen[4] - oder Menschen können unter Suggestion in Hypnose unterschiedlich
stark sensibilisiert werden.[5].
Auf anatomisch-physiologischer
Ebene ist die Interaktionsmöglichkeit ersichtlich durch direkte
Nerven-Verbindungen vom Zentralnervensystem zu Zellen und Geweben des
Immunsystems bzw. durch Verteilung der Transmitter- und Hormonrezeptoren im
Immungewebe, die auf direkte Übertragung an Synapsen bzw. als Gewebshormone
(=parakrin) oder auf endokrine Effekte schliessen lassen.
Physiologisch nachweisbare Effekte
der gegenseitigen Beeinflussung sind der immunsupprimierende Einfluss des
Noradrenalins (und wahrscheinlich auch der Serotonin-Ausschüttung aus
Thrombozyten), welche die Anzahl Immunzellen und die Antikörper-Produktion
reduziert, sowie die endokrinen und Noradrenalin-Veränderungen im
Zentralnervensystem durch Aktivierung des Immunsystems[6].
Tabelle Anatomische Hinweise auf eine
Verbindung Immun- und Zentralnervensystem
Zentrifugal (= vom Gehirn weg)
___________________________________________________________________________
- nerval |
- Cholinerge (parasymp.) Nervenfasern[7] |
|
- Noradrenalin (NA)-haltige
(symp.) Nervenfasern[8] - Thymus, Knochenmark - Milz, Lymphknoten, GALT |
|
- Freisetzung von anderen
Monoaminen[9]
(z.B. Adrenalin und Serotonin) aus symp. Gefäss-Nervenfasern[10] ...- Freisetzung von Serotonin
aus noradrenerg aktivierten
Thrombozyten[11] |
- parakriner Effekt -NA -Adrenalin -Isoprotenerol -Dopamin -Serotonin .... |
- Monoamin-Rez. auf Lymphozyten,
Makrophagen[12],
Granulozyten, Knochenmarks-Stammzellen[13],
Mastzellen - Modulation ws. va. via T-Lymphozyten NA (ws. auch Serotonin-Ausschüttung aus Thrombozyten)
reduziert Anzahl Immunzellen und Antikörper-Prod. |
- endokrin |
|
-Cortisol -VIP (vasoactive intestinal peptide) -
Neurotensin... |
- Hormonrezeptoren auf Immunzellen
für Cortisol VIP |
___________________________________________________________________________
Zentripetal (zum Gehirn hin)
|
Feedback zum Hypothalamus durch
aktiviertes Immunsystem[14]
via ...autonomes Nervensystem endokrin aktivierte Thrombozyten[15]
mit Histamin- Freisetzung im Gehirn - zentrale NA- und endokrine
Veränderungen |
_________________________________________________________________________________
Somit ist das Gehirn sowohl über
die Verdauungstätigkeit als auch über ablaufende Abwehrprozesse informiert bzw.
durch sie beeinflusst, so dass bei empfindlichen Menschen eine negative
Beeinflussung des Zentralnervensystem durch eine Störung des
Neurotransmitter-Gleichgewichts durch abnorme Verdauungsvorgänge bzw.
pathologische immunologische Prozesse im Magendarmtrakt denkbar ist.
Der Mechanismus der Beeinflussung der
Gehirnfunktion durch Nahrungsmittel ist denkbar
- im Sinne einer
"allergischen" Reaktion des Gehirns auf das zugeführte
Nahrungsmittel,
- als abnorme Empfindlichkeit auf
Neurotransmitter-ähnliche Nahrungsmittelbestandteile, wie z.B. Exorphine
- als chronische Störung der Hirnstoffwechsels durch eine
Unterversorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen
- durch akute Schwankungen der Nährstoffversorgung bzw. des
biochemischen Milieus im Gehirn (z.B. Blutzuckerschwankungen)
Die verschiedenen Möglichkeiten werden nun einzeln
erläutert:
Unter diesem Aspekt müsste eine Verhaltensstörung als
"allergische Reaktion" des Gehirns verstanden werden, da das Gehirn
keine andere Möglichkeit (z.B. Schmerzen, sichtbare Schwellung) hat, auf
unverträgliche Stoffe zu reagieren, zeigen sich Funktionsstörungen auf der
Verhaltensebene.
Da der Begriff "Allergie" in den letzten Jahren
etwas inflationär gebraucht wurde, soll zuerst einmal die medizinische
Definition folgen.
Der eigentliche Begriff der Allergie ist eng definiert als spezifische Änderung der
Reaktionsfähigkeit des Organismus gegenüber einer bestimmten körperfremden
Substanz infolge einer fehlgeleiteten immunologischen Reaktion. D.h. es müssen
ein Antigen (körperfremde Substanz), eine symptomlose Expositionssituation
(Sensibilisierungsphase) gegenüber diesem Antigen mit nachfolgendem Auftreten
von Symptomen bei erneuter Exposition sowie ein immunologischer Mechanismus
identifiziert werden können.
Da für bestimmte, phänomenologisch
"allergie-gleiche" körperliche Symptome der oben geforderte
immunologische Mechanismus nicht gefunden werden konnte, wurde der Begriff der Pseudoallergie geprägt für Reaktionen
mit der gleichen pathogenetischen Endstrecke, d.h. der Freisetzung vasoaktiver
Substanzen wie Histamin, Kallikrein, Kinine, slow-reacting-substance, aber ohne
nachweisbares immunologisches Substrat (Antikörper, Lymphozyten).
Zusätzlich sind vielen Menschen offensichtliche
Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten bekannt, für die (noch) keine genaue
Definition des Mechanismus gefunden wurde, die aber nicht einfach als
"psychisch" abgetan werden sollten.
Wie R. Blank 1995[16]
formulierte, gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, wie Allergien die
Hirnfunktion beeinflussen können:
1.
Durch eine körperlich begründete Primärstörung entsteht eine
allgemein verstärkte Anfälligkeit (=Vulnerabilität), die sich sowohl als
allergische Reaktion als auch als Verhaltensauffälligkeit zeigen kann. Für
diese Hypothese bestehen einzelne Hinweise, z.B. durch eine erhöhtes Vorkommen
von allergisch-atopischen Symptomen[17]
[18]
und hyperaktiven Störungen [19] [20]
bei einem tiefen Geburtsgewicht / niedrigem Gestationsalter, bzw. durch eine
oft allgemein erhöhte Empfindlichkeit hyperaktiver Kinder auf äussere Einflüsse
wie Wetter, Krankheiten, Alltagsveränderungen.
2.
Es besteht die allgemeine Veranlagung, allergisch zu
reagieren, und im Sinne einer gemeinsamen krankmachenden (=pathogenetischen)
Endstrecke wirkt sich die allergische Reaktion im Körper (Haut, Lunge,
Nase/Augen) klassisch und im Gehirn halt als Verhaltensstörung aus. Dafür
sprechen die oben erwähnten Zusammenhänge zwischen Immun- und Nervensystem bzw.
die Theorie des cholinerg-adrenergen Ungleichgewichts des autonomen
Nervensystems bei Allergikern.
Durch die
allergische Reaktion entsteht eine cholinerge Überreaktivität und eine
beta-adrenerge Unterreaktivität im autonomen Nervensystem [21] [22]
[23].
Statt in den klassischen allergischen Organen wirkte sich dieses
Ungleichgewicht möglicherweise nun im Gehirn aus und verschöbe die
Neurotransmitter-Gleichgewichte.
3.
Verhaltensstörungen entstehen psychoreaktiv, sozusagen je
schlimmer es juckt, desto schlimmer das Verhalten. Dafür spricht die allgemein
erhöhte Anfälligkeit für psychiatrische Symptome bei chronischen körperlichen
Krankheiten[24], dagegen jedoch die fehlende
Übereinstimmung in einer klinischen Studie bezüglich Anzahl allergischer
Manifestationsorte und Häufigkeit von hyperaktiven Störungen[25].
[26]Da die
Begriffsdefinitionen "Allergie", "Pseudoallergie",
"unbekannte Art der Unverträglichkeitsreaktion" von den Autoren der
unten genannten Studien nicht immer konsequent verwendet wurde, musste um der
Vergleichbarkeit der verschiedenen Studien willen der
"Allergie"-Begriff auf die Gesamtheit möglicher Unverträglichkeitsreaktionen
ausgeweitet werden
Die
Studien zur Korrelation von Allergien und HKS/ Verhaltensauffälligkeiten fallen
sehr widersprüchlich aus, neben durchaus bestätigenden Resultaten treten völlig
verwerfende auf; teilweise kann dies sicher durch die inkonsequente
Allergiedefinition erklärt werden.
Allergiehäufigkeit im Kindesalter in der Normalbevölkerung:
15 - 25%
bestätigende
Studien
__________________________________________________________________________________________________
|
Publik'-jahr |
Art der
Studie |
Grundkollektiv |
%-Anteil mit Allergien |
Allergene |
__________________________________________________________________________________________________
Tryphonas H. und Trites R.[27] |
1979 |
Querschnittstudie; RAST von N'mittelallergenen |
HKS |
30 - 50 |
N'mittel |
Egger J. et al.[28] |
1985 |
intervention study (diet) Hauttest/ IgE |
HKS/
"overactivity" |
42 |
pos. Hauttest N'mittel |
Kaplan et al.[29] |
1987 |
prospektive Fall-Kontroll Symptom-reporting |
pre-school ADDH |
signifikant |
gastrointestinal, respiratorisch dermal |
Blank R. und Remschmidt H.[30] |
1992 |
prospektive Studie versch. Fragebogen, IgE, Hauttest |
HKS (total) HKS (rein) mit Entw.st. mit Soz.verh. |
35 (no 18%) 50 36 23 |
N'mittel; IgE auffällig tief Hauttests pos. |
__________________________________________________________________________________________________________
|
Publik'-jahr |
Art der Studie |
Grundkollektiv |
%-Anteil mit Verhaltensauff. |
Art der Verh. auffälligkeit |
________________________________________________________________________________________________________________________________________________
Rapp D.J.[31] |
1991 |
Beobachtungen |
Überempfind-lichkeiten |
ca. 75 |
Pollen, Staub Nahrungsmittel |
Roth N. et al.[32] |
1991 |
Fall-Kontroll-Studie; 10-Item-Connersskala (APRS), klin.
Tests |
Atopie (v.a. Ekzem) |
APRS >15: 5% (Kontr. 4.2%) |
Anpassung an veränd. Test-bedingungen; Stop/go-Test |
__________________________________________________________________________________________________________
nicht
bestätigende Studien
______________________________________________________________________________________
|
Publik'-jahr |
Art der
Studie |
Grundkollektiv |
Zusammen-hang |
Besonderheiten |
______________________________________________________________________________________
Mc Gee R. et al.[33] |
1993 |
Querschnitt-Studie klin. Allergietests, Verh.fragebögen |
nicht-spezifizierter Anteil einer Grund-population |
nicht signifikant |
|
Blank[34]
|
1994 |
Querschnittstudie |
atopische Kinder |
nicht signifikant |
Verh’auff von nahrungsmittelempf. Atopiker =
Hyperaktivität |
Mitschell et al.[35] |
1987 |
Fall-Kontroll-Querschnittstudie |
hyperaktiv |
n. s. |
häufige Erkältungen |
______________________________________________________________________________________
Exorphine sind
Peptid-Fragmente, d.h. Abbauprodukte von Nahrungsmittelproteinen, mit einer
Opiat-ähnlichen Wirkung. Experimentell zeigt sich dies durch Bindung an die
Opiat-Rezeptoren, bzw. durch die Aufhebung ihrer Wirkung (=Antagonisierbarkeit)
durch das Opiat-Gegenmittel Naloxon.
Sie stammen als Verdauungsprodukte
aus diversen Nahrungsmittel-Proteinen wie Weizen (Gluten), Milch (alpha- und
beta-Casein, alpha- und beta-Lactalbumin, k-Casein, Lactoferrin[36])
oder Kaffee[37]. Die
bioaktiven Sequenzen sind in einem inaktiven Stadium verborgen innerhalb der
Polypeptidkette des grösseren Proteins und werden erst während der Verdauung
freigesetzt.
Durch ihre Bindung an Rezeptoren im Darminnern tragen sie
(sozusagen als Nahrungs-Hormone) zur Regulation der Verdauungstätigkeit und der
Körperhormone bei: Beeinflussung der gastrointestinalen Motilität und
Somatostatin-Freisetzung[38]
bzw. der Sekretion und auch der Freisetzung anderer Hormone (z.B. Insulin in
Ratten[39]),
nachdem sie als aktive Peptide die intakte Darmschleimhaut passiert haben[40].
Wenn Exorphine ins Blut gelangen können, ist ein (negativer)
Effekt auch auf Opiatrezeptoren im Gehirn denkbar, wie dies von einigen
Forschern für gewisse Arten von Schizophrenien (Modell der genetisch
determinierten vermehrten Passage der Exorphine durch die Darmschleimhaut ins
Blut und des verminderten Abbaus bei allfälligem Enzymdefekt[41])
bzw. bei Autisten mit ihrer vermehrten Peptidurie[42]
vermutet wird.
Grundsätzlich ist es gut denkbar, dass ein Mangel an
bestimmten Vitaminen und Spurenelementen zu der - oben erwähnten - erhöhten
Anfälligkeit (=Vulnerabilität) für Verhaltensauffälligkeiten bzw. zu einer
mangelnden Kompensationsmöglichkeit des wachsenden Gehirns beitragen könnte.
Klinisch gibt es jedoch ausser einer Studie zum Mangel an essentiellen
Fettsäuren bei Hyperaktiven[43]
nur anekdotische Beispiele dieses Zusammenhangs, indem durch Supplementationen
Verhaltensverbesserungen erzielt werden konnten und sozusagen ex iuvantibus auf
einen Mangel geschlossen wurde. (Die Nahrungsergänzung mit Mineralstoffen und
Megadosen von Vitaminen konnte einen markanten IQ-Anstieg bei geistig
behinderten (mental retarded) Kindern bewirken[44]).
Eine Ernährungsumstellung würde dann langfristig durch eine
gesündere, vitaminreichere Diät allfällig Defizite ausgleichen, die akuten
Reaktionen auf unverträgliche Nahrungsmittel bei einem Verstoss gegen eine
Eliminationsdiät sind aber durch die Theorie des chronischen Mangels allein
nicht erklärbar.
Bei einem starken Anstieg des Blutzuckerspiegels produziert
bei empfindlichen Menschen die Bauchspeicheldrüse ein Übermass des
Blutzucker-reduzierenden Hormons Insulin. Das bewirkt einen starken Abfall des
Blutzuckerspiegels unter die Nüchternwerte (in der Fachsprache
"Hypoglykämie" genannt), was eine eingeschränkte Hirnleistung,
Konzentrationsschwäche, Unwohlsein und Heisshunger (meist auf Süsses) zur Folge
hat. Nach erneutem Konsum von Süssigkeiten steigt der Blutzuckerspiegel wieder
rapide an, das Spiel beginnt von neuem.
Diese Wellenfahrt des Blutzuckerspiegels
bringt einen empfindlichen Hirnstoffwechsel und damit die Hirnfunktion stark
durcheinander.
Durch starkes Schwitzen verliert der Körper neben dem Wasser
auch verschiedene Salze über die Haut. Wird danach nur das reine Wasser
ersetzt, entsteht ein Ungleichgewicht zwischen dem Salzgehalt der Körperzellen
(auch der Hirnzellen) und dem Blut, was im Körper Muskelkrämpfe und im Gehirn
Funktionsstörungen bewirken kann.
Bei empfindlichen Kindern hilft es, in einer solchen
Situation das Wasser mit ganz wenig Apfelessig anzureichern.
Beim Höhenaufenthalt muss der Körper, um trotz der
"dünnen" Luft genügend Sauerstoff zu erhalten, seine
Atmungsintensität steigern. Damit wird automatisch mehr körpereigenes
Kohlendioxid (im Blut teilweise als Kohlensäure gelöst) abgeatmet, was einen
Säureverlust verursacht mit entsprechendem Unwohlsein und Verhaltensstörungen.
Hier wirkt die Gabe von verdünntem Apfelessig lindernd, wobei der
"säuernde" Effekt wegen der Stoffwechselneutralität von pflanzlichen
Säuren nur kurzfristig anhält.
Durch eine grosse Menge des gleichen Nahrungsmittels oder
durch eine tageszeitlich falsche Mahlzeiteneinnahme, wenn die Verdauungs- und
Verteilungsenzyme aufgrund ihrer "inneren Uhr" nicht optimal
arbeiten, wird die Verdauungskapazität des Organismus überfordert. Dadurch
fallen Nährstoffe und Stoffwechselzwischenprodukte
in einer schlecht verträglichen Menge an und verursachen Hirnfunktionsstörungen
und Verhaltensauffälligkeiten.
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