Da auch chronische Vergiftungen mit Schwermetallen (z.B.
Blei[1]
[2])
Hyperaktivität und Konzentrationsstörungen verursachen können, sollte die
Zufuhr mit der Nahrung möglichst reduziert werden. Das ist am geeignetsten
durch biologische Nahrungsmittel zu erreichen. Dabei entfallen auch andere
chemische Stoffe (Schädlings- und Unkrautvertilgungsmittel), die bei
empfindlichen Menschen Verhaltensprobleme auslösen können.
Regionale und jahreszeitgemässe Herkunft der Nahrungsmittel
ist vom Gesichtspunkt der Frische und aus ideologischen und ökologischen
Gründen wünschenswert, wegen der vielen Einschränkungen in der angepassten
Ernährung (z.B. Weglassen der "einheimischen" Milchprodukte) aber
praktisch schwer durchführbar, wenn nach einem einigermassen abwechslungsreichen
Speiseplan gekocht werden möchte.
Je unveränderter und frischer die Nahrungsmittel genossen
werden, desto mehr Enzyme, Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine sind
enthalten.
Neben der rein mechanischen (Zerkleinern, Mahlen, Pressen,
..) stellt die fermentative Veränderung durch Bakterien und Pilze (Säuerung
z.B. Sauerkraut, Essig, Joghurt) die noch schonendste Behandlung der
Nahrungsmittel dar. Sobald Hitze oder Konservierungsmethoden angewandt werden,
sinkt der Gehalt an "Vitalstoffen" rapide. In der Fabrik
hergestellte, chemisch praktisch reine Produkte wie Auszugsmehle, Fabrikzucker
oder erhitzte Öle und Fette bestehen nur noch aus konzentrierten, aber leeren
Kalorien, ohne Enzyme, Spurenelemente und Mineralstoffe oder Vitamine, die für
einen gesunden Stoffwechsel nötig sind[3].
Gentechnische Veränderungen und Lebensmittelbestrahlung verändern die
Nahrungsmittel in eine Richtung, deren Wirkung niemand voraussagen kann.
Eine langfristig gesunde Ernährung setzt sich demnach aus
den "ursprünglichen" Lebensmitteln zusammen, während die
vorproduzierten Nahrungsmittel - auch wegen der darin enthaltenen -
Zusatzstoffe weggelassen werden müssen (Pell-Kartoffeln statt Fertig-Rösti,
Apfel statt Apfelmus aus der Dose,...).
Aus dem oben und weiter unten erwähnten Gründen
(Naturbelassenheit, pflanzliche Nahrungsmittel, Reduktion der Stärke) bleiben
Gemüse und Früchte als Hauptgrundlage der Ernährung übrig. Um alle Nährstoffe
optimal zu erhalten - und oft auch wegen der kindlichen Abneigung gegen
gekochtes Gemüse - sollten neben den Früchten auch Gemüse öfters roh angeboten
werden (z.B. Gemüsestengeli als Dips).
Im Gegensatz zu anderen Vollwerternährungen sollte aber bei verhaltensauffälligen
Kindern nur eine geringe Menge Vollkorn verwendet werden, da gemäss
langjähriger Erfahrung der Organismus mit der geballten Ladung an Vitalstoffen
(und wahrscheinlich auch Eiweiss) nicht umzugehen vermag.
Der in unserer Zivilisation übliche hohe Ernährungs-Anteil
an Proteinen durch den Konsum von Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten
entspricht kaum den angeborenen Verdauungs-Fähigkeiten des Menschen (vergleicht
man z.B. unseren Zahnapparat oder das Verdauungssystem mit dem eines
Fleischfressers[4]): Wir sind
"gebaut" für eine Mischkost, vorwiegend pflanzlich, angereichert
durch hin und wieder tierische Eiweisse.
Mittlerweile empfehlen auch offizielle Stellen, die
Proteinzufuhr für Erwachsene auf 10% bis höchstens 15% der eingenommenen
Kalorien (0.8g/kg Körpergewicht/Tag) zu begrenzen[5].
Denn zuviel Protein schadet dem Körper durch die meist gleichzeitige Zufuhr von
viel tierischem Fett und durch Übersäuerung. Kinder benötigen für den
Wachstumsprozess mehr Protein (15% der Kalorien, für ein Schulkind: 1.2-1g/kg
Körpergewicht/Tag).
Beim Proteinabbau werden aus den schwefelhaltigen
Aminosäuren stoffwechselwirksame Säuren freigesetzt, welche das
Säure-Basen-Kompensationssystem des Körpers beanspruchen. Zur Pufferung der
Säuren werden Pufferbasen benötigt, die durch Knochenabbau
"erhältlich" sind, das dabei noch freigesetzte Calcium wird durch die
Niere ausgeschieden und geht dem Körper verloren. Jede (überschüssige)
Proteinzufuhr führt also zu Knochenmineralienabbau, also letztlich zur
Osteoporose[6] [7].
Gerade bei eher Calciumarmer Ernährung sollte die Eiweisszufuhr nicht zu hoch
sein (empfohlen wird ein Verhältnis von mehr als 20: 1 von Calcium (in mg) zu
Protein (in Gramm). Deshalb sollte zum Fleisch viel Salat / Gemüse (statt
konzentrierter Kohlenhydrate wie Teigwaren) gegessen werden.
Die Reduktion der tierischen Proteine in der langfristigen
Ernährung geschieht aus den obengenannten ernährungsphysiologischen (sowie
allenfalls ökologisch-ideellen) Gründen, da verhaltensauffällige Kinder keine
unmittelbaren Verhaltens-Probleme auf den hohen Protein-Gehalt der normalen
Ernährung zeigen. Zudem sollte Fleisch in geringem Masse, wenn dieses gut
vertragen wird, nicht auch noch vorenthalten werden, da pflanzliche
Proteinträger wie Nüsse, Hülsenfrüchte und Keimlinge, v.a. in grosser Menge,
oft Verhaltensprobleme auslösen können.
Entgegen der propagierten Stärke-basierten Ernährung (vgl.
allgemein propagierte Ernährungspyramide), empfehlen wir die Reduktion der
Getreideprodukte zugunsten von Kartoffeln, Gemüse und Früchten aus den im
vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Gründen; bestehen die Getreideprodukte
doch meistens aus stark nahrungsmittel-industriell veränderten Nährstoffen
sowie meist auch aus dem schlecht verträglichen Weizen.
Gemäss unserer Erfahrung vertragen empfindliche Menschen ein
grosses Durcheinander verschiedenster - einzeln an sich verträglicher -
Lebensmittel schlecht. Wir empfehlen deshalb einfache Gerichte mit wenig
verschiedenen Komponenten.
Allgemein werden konzentrierte Proteine (z.B. Fleisch,
Fisch) zusammen mit Kohlenhydraten schwerer verdaut. Abends (nach 1800 Uhr ist
zudem die Enzymtätigkeit der Verdauung erniedrigt, so dass wir den
Fleischkonsum zum Mittagessen empfehlen.
Um Gärungsprozessen vorzubeugen, sollten Früchte zu Beginn
einer Mahlzeit (und nicht zum Dessert) oder als Zwischenverpflegung eingenommen
werden, also immer auf leeren Magen.
Gemäss allgemeinen Richtlinien empfiehlt es sich die
Nahrungsaufnahme auf 5 -6 Mahlzeiten (also 2 - 3 Zwischenmahlzeiten/Tag) zu
verteilen[8].
Beim Trinken gilt es, den Durst vom "Gluscht" nach
Süssem zu unterscheiden und zu lernen, mit ungesüsster Flüssigkeit das
Bedürfnis nach Wasser zu stillen, mindestens 1.5 - 2 l pro Tag.
Als durstlöschende Getränke sind deshalb Wasser
(Leitungswasser bei guter Qualität oder Mineralwasser) und ungesüsste
Kräutertees optimal. Früchtetees enthalten oft Aromen oder werden wegen ihrer
Säure nicht vertragen.
Fruchtsäfte sind "flüssige Nahrungsmittel", sie
bestehen aus Früchten in konzentrierter Form (z.B. 25 Orangen in 1 Liter
Orangensaft), also aus einer Menge, die ein empfindlicher Mensch nie ertragen
würde, und sind deshalb nicht als Getränke geeignet. Softdrinks enthalten neben
der grossen Menge Zucker noch Aroma- und Farbstoffe, und Kaffee oder Schwarztee
enthalten das meist unverträgliche Koffein/Thein.
[1]Diet, IQ and learning, S. 148; in
C.K. Conners; Feeding the Brain, New York, 1989, Plenum Press
[2]Minder-B, Das-Smaal-EA, et al;
Exposure to lead and specific attentional problems in schoolchildren;
J-Learn-Disabil. 1994 Jun-Jul;
27(6): 393-9
[3] M.O. Bruker. Gesund durch die Ernährung. Gesellschaft für Gesundheitsberatung (Hrsg.), Lahnstein
[4] Dr. med. vet. Vera Biber. Hilfe, mein Kind ist unerziehbar! Verlag Hartmut Becker, Kirchhain 1999: 161
[5] Richtlinien für eine „gesunde Ernährung“ entsprechend der prudent diet
der American heart association. In: Klinische Ernährung. U. Keller, R. Meier. S. Bertolie (Hrsg.). 1992 VCH-Verlag: 26
[6] Breslau N.A., Brinkley L., Hill
K.D., Pak C.Y., Relationship of animal protein-rich diet to kidney stone
formation and calcium metabolism. J. Clin. Endocrinol. Mtab. 1988; 66 (1): 140-6
[7] Feskanich D., Willett W.C., Stampfer M.J., Colditz G..A., Protein consumption and bone fractures in women. Am. J. Epidemiol. 1996 1; 143 (5): 472-9
[8] Richtlinien für eine vollwertige Ernährung. In: Ernährungs- und Diättherapie. G. Kotthoff, B. Haydons. 2. Auflage 1998. Deutscher Ärzteverlag: 24