Beobachtungen / Studien über Diäten zur Verhaltensverbesserung

Durch eine individuell angepasste Ernährung kann bei vielen verhaltensauffälligen Kindern eine positive Verhaltensverbesserung erreicht werden, die fast ebenso stark ist, wie eine Ritalin®-Therapie, aber ohne deren Nebenwirkungen, dafür mit einer Verbesserung auch der körperlichen Gesundheit.

Hinter diesen Erfahrungen mit der Ernährungsumstellung wurden in den letzten Jahrzehnten immer wieder Theorien gebaut, die aber – ausser der „Allergie“-Theorie (oligoantigene Diät) - in wissenschaftlichen Studien nicht bestätigt werden konnten.

Da die negativen Berichte über die anderen Theorien noch immer in der Fachwelt herumgeistern und den Blick auf die positiven Wirkungen der effektiv durchgeführten Diät versperren, sollen sie kurz erwähnt werden.

Unter den Stichworten „biochemische Hypothese“ und „Aussage von Studien“ sind die hypothetischen biochemischen Erklärungen, deren kritische Diskussion und die Zusammenfassung von wissenschaftlichen Studien erwähnt

 

1         Definitionen der bekanntesten Diätformen

1.1      Feingolddiät

Hypothese: Eine Überempfindlichkeit gegen Lebensmittel-Farb- und Konservierungsstoffe und Salicylate in Nahrungsmitteln soll das negative Verhalten auslösen[1] [2].

Biochemische Hypothese

Diätdurchführung: Lebensmittelzusatzstoffe und natürlicherweise stark Salicylat-haltige Nahrungsmittel (Zitrusfrüchte, Steinobst, Beeren, Trauben, Äpfel, Gurken, grüne Peperoni, Tomaten, Kaffee, Schwarztee) werden weggelassen.

Aussage von  Studien

 

1.2      Phosphatdiät nach Herta Hafer

Phosphatintoxikations-Hypothese[3]: Phosphate aus Nahrungsmitteln (natürlicherweise phosphatreiche Nahrungsmittel oder Phosphatzusätze) führen ähnlich einer Vergiftung zu den Verhaltensauffälligkeiten.

Biochemische Hypothese

Diätdurchführung: Diese Diät entspricht jener Feingolds plus dem Weglassen von natürlicherweise phosphatreichen Nahrungsmitteln (z.B. Milch, Soja, Hafer, Kakao, Mais, Eier, Käse) sowie der Phosphatzusätze- (Backpulver, Kuttersalz, Schmelzsalz, Lecithin) enthaltenden Wurst- und Fleischwaren und Getränke[4].

Aussage von Studien

 

1.3      Oligoantigene Diät

„Allergiehypothese“: Die Unverträglichkeiten sind individuell, das heisst von Mensch zu Mensch verschieden.

Biochemische Hypothese

Diätdurchführung: Um die individuell unverträglichen Nahrungsmittel herauszufinden, wird zuerst eine drei- bis vierwöchige Basisdiät (= oligoantigene Test-Diät mit erfahrungsgemäss selten allergen wirkenden Nahrungsmitteln) durchgeführt. Bei Feststellen einer eindeutigen Verhaltensverbesserung unter dieser strengen Basisdiät, erfolgt eine vorsichtige Wiedereinführung der entzogenen Stoffe (1 neues Nahrungsmittel pro Woche, mind. 1 Port. täglich). Nahrungsmittel, die reproduzierbar hyperkinetisches Verhalten auslösen (im Zweifelsfall doppelblind geprüft), werden vermieden, sonst wieder in die Diät integriert.

Aussage von Studien

 

2         Gegenüberstellung der Wirksamkeit von Phosphat-, Feingold- und oligoantigener Diät

Konsequent wurden die Hypothesen der Feingold- und der Phosphatdiät in verschiedenen doppelblinden Provokations-Studien widerlegt, die oligoantigene Diät hingegen bzw. Varianten davon statistisch signifikant bewiesen.

Interessanterweise berichteten die Eltern / Betreuer jedoch auch während den Diätphasen der Feingold- und Phosphatdiät über positive Verhaltenseffekte. Dieses Paradox kommt möglicherweise durch die Ähnlichkeit der effektiv verabreichten Diäten mit der oligoantigenen Test-Diät zustande (vgl. Tabelle 1), obwohl den verschiedenen Diäten ganz verschiedene Hypothesen unterlegt wurden. Das heisst mit anderen Worten: Die Salicylat- und Phosphat-Hypothese wurden widerlegt, die Diät als therapeutisch wirksame Massnahme jedoch nicht!

 

Bei der oligoantigenen Diät wurden bei über 20% der getesteten Kinder (in steil absteigender Reihenfolge) Farb- und Konservierungsstoffe, Kuhmilch, Schokolade, Trauben, Weizen, Zitrusfrüchte, Käse, Ei, Erdnüsse, Mais Fisch, Hafer, Melonen, Tomaten und Schinken als Auslöser für Verhaltensauffälligkeiten gefunden. In den anderen beiden Diäten werden Zitrusfrüchte, Trauben, Tomaten und Farb-/ Konservierungsstoffe verboten. Milch, Schokolade und Weizen werden eingeschränkt; Eier, Hafer und Mais sollten auch in der phosphatreduzierten Diät weggelassen werden.



[1]Feingold B.F. (1975) Hyperkinesis and learning disabilities linked to artificial food flavours and colors. Am. J. Nurs.; 75: 797-803

[2]Feingold,1975, Food additives and food allergies, S. 162; in C.K. Conners; Feeding the Brain, New York, 1989, Plenum Press

[3] Hafer H. (Hrsg.) (1978) Nahrungsphosphat - die heimliche Droge. Kriminalistikverlag Heidelberg, 1. Auflage

[4]Egger et al.; Kindliche Verhaltensstörung durch Nahrung verursacht?; Lancet, 1985