Verhaltensveränderungen unter einer standardisierten Eliminationsdiät bei Kindern mit Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS /ADHS): eine explorative Studie

 

Dipl. Psych. Christa  Müller

 

Kurzfassung :

In den Jahren 2002- 2004 fand am Staatlichen Schulamt in Rüsselsheim eine explorative Studie statt. Es wurde untersucht, ob eine Ernährungsumstellung im Sinne einer Oligoantigenen Diät zu einer Symptomreduzierung bei Kindern mit ADS/ADHS führen würde. Das Projekt wurde im Rahmen des Pilotprojektes "Schule und Gesundheit" des Hessischen Kultusministeriums durchgeführt.

 

Methode : Insgesamt nahmen 46 Kinder (9 Mädchen und 37 Jungen) im Alter zwischen 6 und 14 Jahren an der Untersuchung teil. Das Durchschnittsalter betrug 9,04 Jahre. Das Verhalten des Kindes war jeweils von den Eltern und der Klassenleitung sowohl vor als auch nach der Ernährungsintervention mit Hilfe von standardisierten Tests, dem Conners-Lehrer-Eltern-Fragebogen, und dem Fragebogen für Eltern, Lehrer und Erzieher (FBB- HKS) eingeschätzt worden.

 

Ergebnisse bezogen auf die Conners-scale :

die Mittelwerte (welche als Maßstab für die Symptomausprägung angesehen werden können) verringerten sich bei der Elterneinschätzung um 0,68 Wertungspunkte (WP). Dies entspricht einer prozentualen Verringerung der Symptomscores um 43,76 %.

Die prozentuale Abnahme ausgehend von der Einschätzung der Lehrer lag bei 33,13 %.

 

Die Ergebnisse des FBB fielen insgesamt etwas geringer aus, bestätigen allerdings im Großen und Ganzen die Resultate der Conners-scale. (Sie verringerten sich bei den Eltern durchschnittlich um  0, 49 Wertungspunkte (WP). Dies entspricht  33,33 %.

Die prozentuale Verbesserung ausgehend von der Einschätzung der Lehrer lag bei 38,17 %.

Zusätzlich wurden telefonische Rückmeldungen erhoben:

44 %  der Eltern berichteten über "großen"

39 %  über ein wenig und

13 %  berichteten über keinen Erfolg

bei 4% lag diesbezüglich keine Information vor.

 

Zusammenfassung :

Bei Kindern mit ADHD können bei Anwendung einer Standardeliminationsdiät statistisch signifikante Verhaltensveränderungen erzielt werden.

 

 

Aktueller Forschungsstand

Das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADHD), welches zur Zeit als die häufigste Ver-haltensstörung im Kindes - und Jugendalter bezeichnet wird, ist gekennzeichnet durch eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit, Impulsivität und sehr häufig, aber nicht immer, hyperaktivem Verhalten. In Bezug auf die Verursachung wird meist von einer multi-faktoriellen Entstehungsgeschichte ausgegangen, bei der sowohl genetische als auch Umwelteinflüsse miteinbezogen werden müssen. Wissenschaftliche Untersuchungen 1-5    belegen bei ADS-Kindern teilweise stark erhöhte Inzidenzen von allergischer Symptomatik (bis zu 70% der Fälle) bzw. vermehrt hyperaktives oder aufmerksamkeitsgestörtes Verhalten bei allergischen Patienten (bis 50%).

In der Untersuchung von Blank (1990)6 zeigten sich allergische Reaktionen (Inhalations-allergien, Nahrungsmittelallergien, Kontakt- und Lösungsmittelallergien) bei Kindern mit ADS/HKS zirka doppelt so häufig, wie in der Kontrollgruppe mit emotionalen Störungen ohne HKS. Die Subgruppe der Kinder mit HKS ohne wesentliche Störung des Sozial-verhaltens zeigte 2-3 fach höhere Inzidenzen allergischer Reaktionen als die Gruppe mit Störung des Sozialverhaltens.

Besedovsky et al. (1979)7, sowie Livant et al. (1985)8 konnten nachweisen, dass das noradrenerge System des ZNS an der Modulation von Immunfunktionen beteiligt ist.

 

Egger (1991) vermutet, dass die cerebrale Perfusion durch Nahrungsmittelfaktoren, über Neurotransmitter und gastrointestinale Hormone vermittelt, beeinflusst wird. 9

 

In den 70er Jahren propagierte Feingold eine Diät ohne Salicylate und ohne Farb- und Konservierungsstoffe  10. Kontrollierte, doppelblind durchgeführte Studien zeigten jedoch, dass zwar einzelne Patienten auf  Salicylate oder andere Lebensmittelzusätze reagierten, die meisten jedoch, bei Berücksichtigung nur dieses einen Aspektes, keine wesentliche Besserung

erfuhren.

 

Die Hypothese, dass prinzipiell jedes Nahrungsmittel durch entsprechende Nahrungsmittel-unverträglichkeiten oder Pseudoallergien, Verhaltensauffälligkeiten verursachen könnte, führte dazu, die Wirkungsweise einer Diät, die nur wenige hypoallergene Bestandteile enthielt, zu erforschen. Die einzige Diät, die bisher in kontrollierten und doppelblind durchgeführten Untersuchungen eine signifikante Besserung des Verhaltens hyperaktiver Kinder herbeiführte, ist die oligoantigene Diät. 5+9

 

Diäterfolge wurden zwar häufig durch die vermehrte Zuwendung, die dem Kind zuteil wurde, zu erklären versucht, es lässt sich jedoch nicht bestreiten, dass eine Teilgruppe von ADS/HKS Kinder positiv auf eine Diätbehandlung, z.B. durch Verringerung der motorischen Unruhe, Leistungsverbesserungen u.s.w. anspricht.

Hierzu sollen die folgenden 3 Untersuchungen genannt werden : 

 

1. Prof. Schmidt 11, Mannheim in den 90er Jahren : Knapp die Hälfte (44,4 %) der Kinder zeigten signifikante Verhaltensverbesserungen unter Diät (obwohl die Mehrzahl der Kinder, die in die Stichprobe mit aufgenommen worden waren, „expansive Verhaltensstörungen“ aufwiesen)

 

2. Prof. Egger,12 München, ebenso in den 90er  Jahren: Gemäß Eltern -und Lehrerurteil führte eine Diätbehandlung im Rahmen einer Doppelblindstudie bei 67% der Kinder mit HKS zu einer signifikanten Verhaltensverbesserung in den Bereichen : Impulsivität, motorische Unruhe, Erziehbarkeit, soziale Anpassung und Stabilität.

 

3. Niederländische Untersuchung von Dr. Pelsser13 und Prof. Dr. Buitelaar, Eindhoven 2002 :

Nach Einschätzung der Eltern reagierten 62 % der 3-7 Jahre alten Kinder unter einer Diät, die überwiegend hypoallergene Bestandteile enthielt (z.B. Reis, Truthahn, Kopfsalat und Birne) 

mit einer Verhaltensverbesserung von mindestens 50 %, was sich geratet auf der verkürzten Conner-Liste, sowie auch auf dem ADHD- Fragebogen (ARS) zeigte .

 

In Anlehnung an diese Studien war ebenfalls eine Oligoantigene Diät im Sinne einer Eliminationsdiät (keine Azofarbstoffe, keine Citrate, eingeschränkt : Milchprodukte und Süßigkeiten, eingeschränkt : Salycilate (auch in natürlicher Form, wie z.B. in roten Früchten)) als Ernährungsintervention ausgewählt worden.

 

Gewinnung der Stichprobe :

Wenn die Kinder aus dem Zuständigkeitsbereich der Schulpsychologin stammten, meldeten sich meist die Lehrer und baten diese um eine Diagnostik der betroffenen Schüler. Wenn sich der Verdacht ADS/ADHS bestätigte, wurde den Lehrern empfohlen, den Eltern das Angebot der Ernährungsberatungsstelle zu machen.

Eine weitere Möglichkeit war, dass Eltern betroffener Kinder sich direkt mit der Schulpsy-chologin in Verbindung setzten. In diesen Fällen ging häufig schon eine lange Leidens-geschichte voraus und bei den Kindern war bereits die Diagnose ADS oder ADHS festgestellt worden. Die Schulpsychologin machte dann eine ausführliche Anamnese, wo auch vorliegende familiäre atopische Erkrankungen, wie z.B. Heuschnupfen, Neurodermitis, Migräne, Asthma, u.s.w. und soziale Belastungsfaktoren miterfasst wurden.

 

Beschreibung der Stichprobe

Insgesamt nahmen 46 Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren an der Untersuchung teil. Das Durchschnittsalter betrug 9,04 Jahre.

Die Stichprobe bestand aus 37 Jungen (etwa 80 %) und 9 Mädchen (fast 20%).  Damit betrug das Geschlechterverhältnis etwa 4:1.

37 Kinder (80%) besuchten die Grundschule, 8 Kinder die Sekundarstufe I, ein Junge eine Förder-Schule.

 

Bei mindestens 18 Kindern (39%) muss von einer zusätzlichen hohen familiären Problembelastung*  ausgegangen werden, bei 11 Kindern (24%) von einer mittleren (durchschnittlichen) und bei 5 Kindern (11%) von einer geringen  familiären Belastung, was nicht heißt, dass der Leidensdruck der betroffenen Familien, welcher allein durch die Symptome des Kindes hervorgerufen waren, nicht auch hier enorm hoch und insgesamt belastend war. Bei 12 Kindern (26%) konnte der Grad der familiären Belastung nicht erfasst werden.

 

Bei 33 von 46 Kindern (das entspricht 72 %) lag eine Atopie vor, welche als Gradmesser für das Vorliegen einer klinisch manifesten Allergie bei einer Verwandtschaft ersten Grades (Geschwister oder Eltern) angesehen werden kann. Bei 13 Kindern (28 %) lag keine Atopie vor bzw. das Vorliegen einer allergischen Disposition war nicht bekannt.

 

 



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* Die Einschätzung als Familie mit "hohen sozialen Belastungen" erfolgte, wenn z.B.

- die Eltern in Trennungssituation oder Scheidung lebten,

- der Vater arbeitslos war,

- Mutter oder Vater alleinerziehend waren,

- zusätzlich ein körperlich oder psychisch krankes Familienmitglied vorhanden war,

- die Großmutter, die überwiegend Erziehende war

- die Familie unter der Armutsgrenze lag


Beschreibung der Verfahrensweise

 

Eltern, meist begleitet von ihren Kindern, erhielten von einer kundigen Lehrerin (welche  Hauswirtschaft, inklusiv Ernährungskunde studiert hatte) eine Ernährungsberatung im Sinne einer Oligoantigenen Diät. Hierbei wurde auch auf eine Motivierung der Kinder hingearbeitet, da von der Annahme ausgegangen werden musste, dass eine Compliance der Kinder angestrebt werden muss, um eine solche Untersuchung überhaupt erst möglich zu machen.

Hier erhielten die Pbn auch die Vorher- und Nachher-Bögen, die von ihnen selbst als auch den beteiligten LehrerInnen ausgefüllt wurden.

 

Ziele und  Hypothesen

Ziel der Studie war zu erforschen, ob durch eine standardisierte Eliminationsdiät (im Sinne einer Oligoantigenen Diät)  bei einer nicht- vorselektionierten Gruppe Kinder mit ADS/ADHS, die AD(H)S-Symptome  reduziert werden können.                                    

 

Bezogen auf die Variablen waren vorab die folgenden Hypothesen aufgestellt worden :

 

1. Bei Familien, bei denen eine hohe familiäre Belastung* vorhanden ist, wird die Ernährungsumstellung früher abgebrochen, oder erst gar nicht durchgeführt im Vergleich zu

Familien mit niedriger familiärer Belastung.

 

2. Aufbauend auf die erste Hypothese  berichten Familien mit hoher familiärer Belastung nach der Ernährungsumstellung eher von keinem Erfolg.

 

3. Der Anteil von ADS Kindern mit familiärer allergischer Prädisposition (Atopie) ist deutlich höher als der Anteil der ADS- Kinder ohne allergische Prädisposition

 

4. Eltern jüngerer Kinder (bis 9 Jahre) berichten signifikant öfter von Erfolgen als Eltern älterer Kinder (ab 10 Jahre).

 

5. Jüngere Kinder halten die Diät signifikant konsequenter ein, als ältere Kinder.

 

Operationalisierung des Verhaltens

Das Verhalten des Kindes war von den Eltern und der Klassenlehrerin sowohl vor als auch nach der Ernährungsintervention mit Hilfe von standardisierten Tests, dem Conners- Lehrer-Eltern-Fragebogen und dem Fragebogen für Eltern, Lehrer und Erzieher (FBB- HKS) eingeschätzt worden.

Der Conners-Lehrer-Eltern-Fragebogen war in der Vergangenheit häufig in der pharmako-logischen Forschung von ADHS eingesetzt worden. In der verwendeten Fassung bestand er aus 11 Items, je 4-stufig skaliert und erfasst die Kernsymptome motorische Unruhe, Impulsivität und Konzentrationsfähigkeit, ergänzt um das Item 11, das den Schweregrad der Störung zu erfassen sucht. ("Für wie problematisch halten Sie zur Zeit das Verhalten ihres Kindes?") Die Punktzahl liegt dementsprechend zwischen 0 und 33 Punkten.

Der Fremdbeurteilungsbogen für Hyperkinetische Störungen (FBB-HKS) ist Bestandteil des Diagnostik-Systems für Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter.(DISYPS-KJ). Er erfasst in 20 Items (+ 10 Individualfragen) die Symptomkriterien (inklusiv dem Schweregrad), die von Eltern und Lehrern beurteilt werden .


Tabelle : 1

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Von den Eltern mittels des Conners -Lehrer-Eltern-Fragebogen (Lit. 14 ) und dem FBB- Fragebogen (Lit. 15 ) ermittelte Symptomscores vor und nach der Durchführung der Ernährungsintervention bei 25 Kindern mit ADHD- Symptomatik.

                                              

                                               Vor der Ernährungs-              unter der                            Prozentsatz  der Verringe-

umstellung                           Eliminationsdiät                  rung der Problemscores

                                                                                                                                                                           

Conners, Mittelwert                  17,0                                       9,56                                        43,76 %

 

FBB, Mittelwert                         29,52                    19,68                                       33,33  %

 

p= 0,00 für die Differenzen zwischen den Werten vor und während der Eliminationsdiät

 

 

 

 


Tabelle : 2

 

Von den Lehrern mittels des Conners -Lehrer-Eltern-Fragebogen (Lit.14 ) und dem FBB- Fragebogen (Lit.15) ermittelte Symptomscores vor und nach der Durchführung der Ernährungsintervention bei 22 Kindern mit ADHD- Symptomatik.

 

                                              

                                               Vor der Ernährungs-                  unter der                              Prozentsatz : Verringe-

umstellung                                  Eliminationsdiät                    rung der Problemscores

                

Conners, Mittelwert                           16,18                                      10,82                                           33,13 %

 

FBB, Mittelwert                                   30,73                                      19,00                                           38,17 %                                           

 

p= 0,00 für die Differenzen zwischen den Werten vor und während der Eliminationsdiät

 

 

Statistische Analyse

Die von Eltern, als auch Lehrern sowohl vor als auch nach der Ernährungsumstellung ausgefüllten Fragebögen wurden mit Hilfe des T-tests für gepaarte Stichproben (Vorher-Nachher-Messung) statistisch ausgewertet. Bei der Kontrolle der Hypothesen wurde die Varianzanalyse Anova und gegebenenfalls Korrelationsberechnungen nach Pearson angewandt.  Die Statistikanalysen wurden mit dem SPSS- Computerprogramm  (Version10 für Windows) durchgeführt.

 

 

Ergebnisse :

44 %  der Eltern berichteten telefonisch über "großen" Erfolg

39 %  über ein wenig Erfolg und

13 %  berichteten über keinen Erfolg (bei 2% lag diesbezüglich keine Information vor)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Abbildung : 1

 

 

9 Kinder (18,4%) brachen die Ernährungsintervention vorzeitig ab, bei 4 (9%) konnte nicht ermittelt werden, ob die Diät konsequent durchgehalten worden war oder nicht. 

6 Eltern hatten zwar telefonisch ein positives Feedback gegeben, aber die Fragebögen nach der Ernährungsumstellung nicht abgegeben. Bei 2 Kindern konnten die Fragebogenergebnisse nicht mit in die Untersuchung aufgenommen werden: ein Kind stand während der Untersuchung unter Methylphenidat Bei einem anderen Kind wurde von der Mutter eingeräumt, dass dem Kind gegen Ende der Ernährungsumstellung gleichzeitig Medikinet verabreicht worden war. Die telefonische Rückmeldung hatte sich allerdings noch auf  die medikamentenfreie Zeit bezogen.

.

Die übrigen 25 Kinder nahmen komplett an der Untersuchung teil; hier konnten die vollständigen Vorher-Nachher-Bögen einer statistischen Analyse unterzogen werden.

Bei 22 lagen ebenfalls Lehrereinschätzungen vor. Bei den übrigen Kindern gab es keine Lehrereinschätzungen (entweder weil Ferien waren oder es keine Compliance von Seiten der Lehrerschaft gab.)

 

1. Zur ADHD-Symptomatik bezüglich der Leithypothese :

 

Es zeigten sich sowohl in den von den Eltern ausgefüllten Fragebögen, (n = 25), als auch in den von den Lehrern ausgefüllten Fragebögen (n = 22 ), dass die problematischen Items nach der Ernährungsintervention statistisch signifikant niedriger eingeschätzt worden waren.

 

Die Verbesserungen betrafen sowohl die Aufmerksamkeits- als auch die Impulsivität als auch die Hyperaktivitätsscores, wobei die Hyperaktivität im Vergleich zu den anderen Symptomen am meisten zurückgegangen waren.

 

 

 

Abb. : 2

 

Bezogen auf die Conners-scale :

die Mittelwerte (welche als Maßstab für die Symptomausprägung angesehen werden können) verringerten sich bei der Elterneinschätzung um 0,68 Wertungspunkte (WP). Dies entspricht einer prozentualen Verringerung der Symptomscores um 43,76 %. (Die Irrtumswahrschein-lichkeit für die Differenz zwischen den Mittelwerten vor und während der Eliminationsdiät betrug p= 0,00).

 

Abb.: 3

 


Die prozentuale Abnahme ausgehend von der Einschätzung der Lehrer lag bei 33,13 %.

(Die Irrtumswahrscheinlichkeit für die Differenz zwischen den Mittelwerten vor und während der Eliminationsdiät betrug p= 0,00).

 

 

 

 

Abb.: 4

Die Ergebnisse des FBB fielen insgesamt etwas geringer aus, bestätigen allerdings im Großen und Ganzen die Resultate der Conners-scale. (Sie verringerten sich bei den Eltern durchschnittlich um  0, 49 Wertungspunkte (WP). Dies entspricht  33,33 %. (Die Irrtums-wahrscheinlichkeit für die Differenz zwischen den Mittelwerten vor und während der Eliminationsdiät betrug p= 0,00).

 

 

 

Abb. : 5

 

Die prozentuale Verbesserung ausgehend von der Einschätzung der Lehrer lag bei 38,17 %.

(Die Irrtumswahrscheinlichkeit für die Differenz zwischen den Mittelwerten vor und während der Eliminationsdiät betrug p= 0,00).

 

2. Bewertung bezogen auf die Unterhypothesen :

 

zu Hypothese 1 :

1. Bei Familien, bei denen eine hohe familiäre Belastung vorhanden ist, wird die Ernährungs-umstellung früher abgebrochen, oder erst gar nicht durchgeführt im Vergleich zu

Familien mit niedriger familiärer Belastung.

Statistisch ergab sich eine hohe negative Korrelation zwischen den Variablen (Familiäre Belastung und Konsequenz der Maßnahme) Das heißt die Hypothese konnte mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % bestätigt werden. 

 

zu Hypothese 2 :

Wird von Familien mit hoher familiärer Belastung die Ernährungsumstellung de facto durchgeführt, berichten diese nach der Ernährungsumstellung eher von keinem Erfolg.

Diese Hypothese konnte statistisch nicht untermauert werden, aber es zeichnete sich eine Tendenz in die erwartete Richtung ab (α = 0,078).

 

zu Hypothese 3 :

Der Anteil von ADS Kindern mit familiärer allergischer Prädisposition (Atopie) ist deutlich höher als der Anteil der ADS- Kinder ohne allergische Prädisposition.

Diese Hypothese konnte bestätigt werden. Bei den Probanden, die sich gemeldet hatten und nicht vorselektioniert worden waren, wiesen 72 % eine familiäre Atopie auf. Bei 26 % war entweder keine Atopie bekannt bzw. definitiv nicht vorhanden (2 %).

 





zu Hypothese 4:

Eltern jüngerer ADHD Kinder (bis 9 Jahre) berichten signifikant öfter von Erfolgen als Eltern älterer Kinder (ab 10 Jahre).

Diese Hypothese konnte nicht bestätigt werden. Es zeigten sich keine Alterseffekte.

 

zu Hypothese 5:

Jüngere Kinder (bis 9 Jahre) halten die Diät signifikant konsequenter ein als ältere Kinder (ab 10 Jahre).

Auch diese Hypothese konnte nicht bestätigt werden. Es ergab sich keinen Unterschied zwischen den Altersgruppen.

 

 

Körperliche Beschwerden :

Viele der Kinder mit ADHS wiesen zahlreiche körperliche Beschwerden auf, wie beispiels-weise Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Durchfall, Asthma, Heuschnupfen, Neurodermitis, permanenten Durst, übermäßiges Schwitzen, Ein- und Durchschlafstörungen.

Bei einigen Klienten, bei denen über nur wenig Erfolg in Bezug auf eine Verhaltensänderung berichtet worden war, verschwanden aber fast immer die körperlichen Symptome, z.B. verschwanden Tics unter der Eliminationsdiät.

 

Diskussion:

Aufgrund der Ergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass durch das konsequente Einhalten der oligoantigenen Diät sich bei einem Großteil der Kinder die ADHD-Symptome reduzieren.

Die Erfolge waren allerdings nicht so groß, wie z.B. in der Pelsser-Studie (2002), die bei 60 % der Kinder Verhaltensverbesserungen um 50 % und mehr nachweisen konnten. Der Prozentsatz der Kinder, denen mit der Ernährungsumstellung geholfen werden konnte, war zwar in etwa vergleichbar, aber das Ausmaß der Scorereduzierungen in den durchgeführten Fragebögen betrug nur zwischen 33 und 44 Prozent. Das mag auf den ersten Blick am Alter der Kinder gelegen haben, jedoch konnten in der vorliegenden Untersuchung keine Alterseffekte festgestellt werden.

Selbstkritisch ist weiterhin anzumerken, dass von den insgesamt 46 Probanden  45 % der Eltern die Nachher-Fragebögen nicht abgegeben, bzw. nicht vollständig ausgefüllt hatten. Dies ist umso bedauerlicher, zumal einige der Eltern telefonisch ein positives Feed-back  gegeben hatten. Hier hätte man mit mehr Mitarbeitern innerhalb des Projektes die Rückgabequote der Nachher-Bögen sicher steigern können.

 

Bei der Untersuchung waren in einigen wenigen Fällen auch Kinder in die Untersuchung mit aufgenommen worden, welche auf der Conners-Skala nicht den Screeningwert von 18 erreicht hatten (was man auch am Mittelwert der Stichprobe ersehen kann). Diese Kinder hatten eine "Einfache Aufmerksamkeitsstörung" (ICD 10 : F 90) und häufig Lernstörungen (überwiegend Lese- und Rechtschreibstörungen). Da der Leidensdruck der Betroffenen aber sehr hoch war, war auch bei diesen Probanden eine Ernährungsintervention (meist recht erfolgreich) durchgeführt worden. Dies hat sich möglicherweise nachteilig auf die erwarteten Effekte ausgewirkt.

Zukünftig sollte überlegt werden, ob die Conners-Scala ein geeignetes Evaluationsinstrument ist, wenn es darum geht, Effekte in einer Stichprobe, die auch einige Kinder mit einer "Einfachen Aufmerksamkeitsstörung" umfasst, nachzuweisen.

 

Für weitere Forschungen wäre es sicher sinnvoll, körperliche Beschwerden systematischer, z.B. in Form einer Körperbeschwerdeliste zu erfassen, so dass nach der Untersuchung eine statistische Evaluation möglich ist. Zukünftige Untersuchungen sollten eine systematische Einschätzung der sozialen Belastung  z.B. mit standardisierten Bögen vornehmen.

 

Literatur

 

1. Rapp, D.J. (1979). Allergies and the hyperactive child. Comerstone Library New York.

 

2. Barkley, RA (1998). Attention deficit hyperactivity disorder: a handbook for diagnosis and treatment. New York : Guilford Press.

 

3. Beyreiss, J. ; Roth, N.; et al. (1988). Coincidence of immune (atopic dermatitis and behavioural (attention deficit) disorders in children : empirical data. Activtas Nervosa Superior (Praha).30,2. p. 127-128.

 

4. Roth, N. & Beyreiss, J. (1991) Hyperaktivität und Atopie/Allergie bei Kindern : Koinzidenz der Störung und möglicher pathophysiologischer Hintergrund. In : Baerlocher, K.& Jelinek, J. (Hrsg.) Ernährung und Verhalten. Stuttgart : Thieme.

 

5. Egger, J., Carter, CM, Graham Pj, Gamley D. Soothill JF. (1985). Controlled trial of oligoantigenic diet treatment in the hyperkinetic syndrome. Lancet ; 1: 540-545.

 

6. Blank, R. (1990). Diätetische Maßnahmen bei hyperaktiven Kindern. Frühförderung interdisziplinär, 9. Jg., S.171-177.

 

7. Besedovsky, HO, del Rey et.al. (1979). Immunoregulation mediated by sympathetic nervous system. Cell Immunol.; 48 : 346-355.

 

8. Livant, S., Felten SY. et al.(1985). Involvement of peripheral and central catecholamine systems in neutral immune interactions. J.of Neuroimmunologie 10 : 5 -30.

 

9. Egger, J. (1991). Das hyperkinetische Syndrom : Äthiologie, Diagnose und Therapie unter besonderer Berücksichtigung der Ernährung. In : Baerlocher, K.& Jelinek, J. (Hrsg.) Ernährung und Verhalten. Stuttgart : Thieme.

 

10. Feingold BF. (1975). Hyperkinesis and learning disabilties linked to

 artifical food flavours and colors. Am J. Nurs . 75:797-803.

 

11. Schmidt, M.H. (1995).in : "Die Wirksamkeit einer oligoantigenen  Diät bei Kindern mit expansiven Verhaltensstörungen." Bezugsadresse : Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.bzga.de).

 

12. Egger, J. (1995). in: "Die Wirksamkeit einer oligoantigenen  Diät bei Kindern mit expansiven Verhaltensstörungen." Bezugsadresse : Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.bzga.de).

 

 

13. Pelsser, L.M.J., Buitelaar, J.K. (2002). Gunstige invloed van een standaardeliminatiedieet op het gedrag van jonge kinderen met aandachttstekort-hyperactiviteitstoornis (ADHD), een verkennend onderzoek. Ned Tijdschr Geneeskd, 28 dec; 146 (52) : 2543- 2547.

(Der günstige Einfluss einer standardisierten Eliminationsdiät auf das Verhalten jüngerer Kinder mit Aufmerksamkeits- Defizit-Syndrom (ADHD), eine explorative Untersuchung).

 

14. Conners CK.; Goyette CH; Southwick DA; Lees IM; Andrulonis PA. (1976). Foodadditives and hyperkinesis : a controlled double- blind experiment. Pediatrics .58: 154-66.

 

15. Döpfner, Manfred; Lehmkuhl, G. (2000). FBB in DISYPS- KJ. Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes-und Jugendalter nach ICD-10 und DSM IV. Bern : Vlg. Hans Huber.